Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
liebe Menschen in Oftersheim,
der uns vorliegende Haushalt ist ein Haushalt der Zukunft und trotz neuer Schulden ein guter Haushalt. Wir investieren – gerade in diesen Zeiten – in die Zukunft unserer Gemeinde und in die Zukunft unserer Kinder und Enkel. Das geht los bei der Kinderbetreuung in der Krippe und KITA, über die Ganztagsgrundschule, über die Abwasserkanäle, die 60-70 Jahre halten sollen bis hin zur Erhaltung der Gesundheitsvorsorge durch die GRN-Kliniken vor Ort – indirekt durch die Erhöhung der Kreisumlage.
Auch die Investitionen in das dringend benötigte Parkraumkonzept, in die Investitionen in Spielplätze, Trinkbrunnen und Bänken im Ort zeigt, dass wir für ein zukunftsorientiertes und attraktives Oftersheim stehen.
Auch in den vergangenen Jahren haben wir in die Zukunft investiert. Sei es das neue Gebäude für die Feuerwehr und das DRK, sei es die Umgestaltung der Theodor-Heuss-Schule zu einer Ganztagsgrundschule. Ebenso wurde die Jugendbeteiligung wieder belebt und wir hoffen sehr auf die ersten Ergebnisse zum Thema Chill-Platz. Es wäre schön, wenn die Jugendlichen sehen würden, dass es hier mit kleinen Schritten vorwärts geht. Aber auch Investitionen in unsere über 300 gemeindeeigenen Wohnungen, dem Bellamar und unseren Sportstätten sind nötig um diese weiterhin für Alt und Jung dauerhaft zu erhalten und attraktiv zu halten. Diese ganzen Investitionen kosten Geld.
Trotz des zu erwartenden hohen Defizits hat sich der Gemeinderat entschieden, viele Investitionen nicht aufzuschieben, sondern dennoch umzusetzen. Natürlich gab es Posten die gekürzt oder auf die kommenden Jahre verteilt wurden. Dies geschah nie willkürlich, sondern stets mit der nötigen Abwägung zwischen Wunsch und Notwendigkeit. Auch wird es an der einen und anderen Stelle Gebühren- und Abgabenerhöhungen geben müssen. Wer Gebühren und Abgabenerhöhungen ablehnt oder sogar weitere finanziellen Geschenke verspricht, muss sagen, wo das Geld herkommt. Einen Verkauf unserer gemeindeeigenen Wohnungen, sowie eine deutliche Reduzierung der Angebote für Kinder lehnen wir ab.
Auch dass die Abwassergebühren grundsätzlich kostendeckend kalkuliert werden sollen, werden wir mittragen. Die Investitionen in unser Kanalnetz werden sich hier langfristig auszahlen – auch wenn dies höhere Gebühren mit sich bringen wird. Es wäre unredlich, vor der Kommunalwahl gegen Erhöhungen zu sein, die dann nach der Wahl unausweichlich sind. Hier werden wir bis zur Beschlussfassung im Rat zu den neuen Gebühren einen Kompromiss finden müssen.
Auf manche Investitionen warten wir Grüne jedoch schon länger. Die Digitalisierung des Gemeinderates – ein ehemaliger Haushaltsantrag von uns – wird seit Jahren nicht umgesetzt. Stattdessen werden wir weiter vertröstet. Wir Grünen hoffen sehr, dass der im Juni neu gewählte Gemeinderat sofort und ohne weitere Verzögerungen mit der digitalen Arbeit starten kann.
Dass unser Haushaltsantrag zur Verbesserung des Radwegenetzes hier im Ort durch die konservativen Kräfte abgelehnt wurde, schmerzt. Gerade im Punkto Radwege hat die Gemeinde Nachholbedarf.
Und die stetige Bevorzugung des Autoverkehrs vor den Fußgängern und Radfahrenden zeigt ein veraltetes Bild zur Mobilität. Dieser Punkt schmerzt umso mehr, wenn man nach Schwetzingen schaut. Dort werden Radwege und Fahrradstraßen am laufenden Meter gebaut. Förderungen konsequent beantragt. Für die neue Fahrrad- und Fußgängerbrücke hat Schwetzingen 2022 einen Förderbescheid von 9,3 Millionen Euro bekommen. Im Jahr 2024 wird Schwetzingen im Rahmen der Initiative RadKULTUR mit mindestens 50.000€ gefördert. Und hier? Hier hat man schon Angst vor der Planung eines Radweges.
Wir Grüne wollen aber nach vorne blicken – in Zeiten bei denen einige gerne 80-90 Jahre zurückblicken wollen. Vor uns liegen neue Möglichkeiten, neue Innovationen und neue Herausforderungen.
Zu den Zukunftsthemen unserer Gemeinde gehören die Beibehaltung einer attraktiven Ortsmitte, die deutliche Verbesserung der Situation für Fußgänger und Radfahrende, die Anpassung unserer Gemeinde an die klimatischen Veränderungen und die Begleitung unserer Bevölkerung bei der Energiewende. Hier bedarf es den Anstrengungen aller Partner in unserer Gemeinde.
Michail Gorbatschow hat einst den Satz geprägt „Das Leben verlangt mutige Entscheidungen. Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben“.
Mutige Entscheidungen sind nicht, alte Fehler zu Wiederholen oder alles Neue zu verteufeln oder Angst vor der Veränderung haben. Gegen jede Art von Innovationen oder Neuerungen wird inzwischen kreuzzugartig ins Feld gezogen – ohne den Willen einander zuzuhören oder bereit zu sein Kompromisse zu schließen. Gerade der Kompromiss ist in einer demokratischen Gesellschaft die Basis des miteinander Lebens und Wirkens. Das Zuhören und der gegenseitige Respekt hat in den letzten Jahren abgenommen. So werden Zuhörer von Informationsveranstaltungen gezielt gestört und von Gegnern niedergebrüllt (sogar körperliche Gewalt angedroht) oder – was uns Grüne sehr bestürzt – ist das Auftreten so mancher Menschen gegenüber den Mitabeitenden des Bürgerbüros.
Wir erleben durch die Erstarkung der rechtsradikalen und rechtsnationalen Strömungen hier im Land eine Kultur des Hasses, der Lügen und der vermeintlich einfachen Antworten in einer globalisierten Welt. Da wird gerade in sozialen Medien über andere Menschen hergezogen, politisch engagierte Personen mit dem Leib und Leben bedroht und nur weil man unzufrieden mit politischen Entscheidungen ist (oder diese einfach nicht versteht), sollen die Entscheidungsträger gleich aufgeknüpft werden. Hier sind alle hier im Gemeinderat, in der Verwaltung und in unseren Vereinen aufgefordert, klar für unsere Werte und für unsere Demokratie einzustehen. Die Erklärung zu Beginn unserer Gemeinderatssitzung war ein Anfang.
Und viele Menschen haben Angst – Angst vor diesen antidemokratischen Strömungen hier im Land.
Das zeigt auch ein Erlebnis aus meiner Familie. Mein Vater, 79 Jahre alt, im 2. Weltkrieg geboren, der Vater nach dem Krieg in Kriegsgefangenschaft, eine Kindheit die von Entbehrungen geprägt war aber auch den Aufstieg durch das Wirtschaftswunder mit Fleiß und Arbeit. Er kam auf mich zu und sagte mir, Patrick wir müssen was tun. Ihr müsst was tun. Er habe Angst, was mit unserem Land gerade passiert. So kam es, dass wir kurze Zeit später in Heidelberg zusammen und zum ersten Mal in 48 Jahren auf einer Demonstration waren. Einer Demonstration für unsere Werte – für unsere Demokratie.
Den Tagesordnungspunkten 4a-4e stimmt die Fraktion der Grünen zu.
Patrick Schönenberg